Georg Heck in der Neuen Darmstädter Sezession

Georg Heck: Der Tränenfluß des Leids (Triptychon: Klagende, LetzteStation, Der Deuter), 1950, Holzschnitt, Katholische Pfarrgemeinde St. Markus, Frankfurt-Nied
Georg Heck war seit spätestens 1951 Mitglied der Neuen Darmstädter Sezession, hatte aber bereits in den 1930er-Jahren Ausstellungen der Vorgängervereinigung beschickt. Die 1919 gegründete Darmstädter Sezession entfaltete ab den 1920er-Jahren eine rege Ausstellungstätigkeit, wobei sie sich auf progressive Kunst konzentrierte. 1933 wurde sie, wie andere Künstlervereinigungen auch, gleichgeschaltet und der NS-Reichskulturkammer einverleibt.
Unter Leitung von Gottfried Diehl, einem Freund Georg Hecks, fand nach langer Pause 1938 im Frankfurter Kunstverein nochmals eine Ausstellung der Darmstädter Sezession statt, die Werke von bereits als „entartet“ diffamierten Künstler*innen präsentierte. An dieser Ausstellung war auch Heck beteiligt, ebenso wie seine ehemaligen Mitschüler*innen an der Städelschule, Inge Hergenhahn-Dinand und Walter Hergenhahn. Letztlich bedeutete die nationalsozialistische Kunstpolitik aber das Absinken der Darmstädter Sezession – mit der einst Künstler wie Max Beckmann, Heinrich Campendonk und Ludwig Meidner ausgestellt hatten – in die Bedeutungslosigkeit.
Direkt nach Ende der faschistischen Herrschaft erfolgte die Neugründung der Sezession. Bereits im Oktober/November 1945 veranstaltete die Neue Darmstädter Sezession die erste Kunstausstellung Südwestdeutschlands nach dem Krieg und präsentierte noch im Dezember desselben Jahres unter dem Titel Befreite Kunst Werke verfemter Künstler wie Paul Klee, Oskar Kokoschka, Ludwig Meidner und Ernst Wilhelm Nay. Bereits im Herbst 1946 zeigte auch Georg Heck ein Gemälde auf der Herbstausstellung in Darmstadt, als Auftakt für seine regelmäßige Teilnahme an den nun folgenden Präsentationen der Sezession bis in die 1960er-Jahre hinein.
Eine wichtige Position in der Debatte über die neue Kunst in einem demokratischen Deutschland nahm das 1950 von der Neuen Darmstädter Sezession organisierte erste Darmstädter Gespräch ein. Die Diskussion führten Akteure und Theoretiker der damaligen Kunstszene, so Theodor W. Adorno, Johannes Itten, Willi Baumeister und Hans Sedlmayr. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Ausstellung Das Menschenbild in unserer Zeit statt, auf der Georg Heck sein Holzschnitt-Triptychon Der Tränenfluß des Leids zeigte.
In einer noch expressionistisch geprägten Formensprache nahm Heck damit ein klassisches Sujet der Kunst auf, nämlich die Passion Christi. Indem er die drei Holzschnitte als Triptychon präsentierte, griff er zudem eine klassische Formulierung religiöser Kunst auf. Die zentrale Figur wäre demnach mit Christus gleichzusetzen, wobei seine Haltung, aber auch der Titel der Tafel, Letzte Station, darauf hindeuten, dass der heilige Leichnam im Grab, die letzte Station des klassischen Kreuzwegs, dargestellt ist. Entsprechend würde das linke Bild als Begegnung mit den weinenden Frauen zu lesen sein. Mit der rechten Tafel, Der Deuter, ging Heck allerdings über das Thema des Kreuzwegs hinaus. In Gestus und Positionierung erinnert die Figur hingegen an einen Propheten, der auf das Schicksal der Menschheit verweist, das die Figur auf der Mitteltafel personifiziert.
Wenn ich offen sein soll, habe ich seit der Währungsreform nichts mehr verkauft und muss mit meiner Frau mit einer monatlichen Rente von M 36,40 vegetieren. Anhand meiner Vergangenheit müsste ich doch oben schwimmen, flüstern mir viele Leute und auch Kameraden in die Ohren. Ja, merkwürdig. Scheinbar ging mir der Grund des Wassers verloren, um den Stoss nach oben zu ermöglichen. Leider sehr bitter.
Georg Heck, zitiert von Willi Hofferbert, Geschäftsführer der Neuen Darmstädter Sezession,
in einem Brief an Oberbürgermeister Dr. h. c. Walter Kolb vom 29. Juli 1949, in dem er sich für den Künstler einsetzte