Schrecken und Lebenswillen: Georg Heck im Ersten Weltkrieg

Georg Heck: Tagebuch, Eintrag 1917, Privatbesitz
Wie auch später im Zweiten Weltkrieg musste Georg Heck im Ersten Weltkrieg zum Einsatz an die Front. 1916 arbeitete er zunächst in den Frankfurter Adlerwerken, dann in einer Rödelheimer Fabrik, bis er im September zum Kriegsdienst eingezogen wurde.
Er geriet an die Westfront in Frankreich, in die Gegend um Reims und den Fluss Aisne, mitten in die „Zone rouge“ (Rote Zone) hinein. Die Kampfhandlungen nahmen bis dato nicht vorstellbare Dimensionen an; insbesondere der Stellungskrieg mit heftigstem Artilleriegefecht forderte Millionen Verwundete und Todesopfer auf beiden Seiten.
Bereits kurz nach Beginn seines Einsatzes kam Heck in französische Kriegsgefangenschaft, wo er für rund drei Jahre, zwischen 1917 und 1920, bleiben sollte. Beredtes Zeugnis dieser schicksalhaften und schweren Zeit geben noch heute seine Tagebuchaufzeichnungen.
Seine Aufgabe, so vermitteln es diese Notizen, war es unter anderem, gemeinsam mit anderen Gefangenen und ausgerüstet mit Spaten, „Tote auszuscharren“. Alles schien ihm zeitweise grau und ohne Hoffnung: „Tote Augen […]. Grauer Mörtel, graue Steine, […].“ Dennoch, so wirkt es, verfügte er auch in dieser schier ausweglosen Lage über einen ungebrochenen Lebenswillen: „Meine Seele dürstet nach Freude“, notierte er etwa im April 1919. Jene Jahre, so resümierte Heck später, „liegen wie ein großer schwarzer Schatten als klassisches Beispiel einer Jugend, die ihre Jugend verloren hat“.
1920 schließlich wurde er aus der Gefangenschaft entlassen, kehrte in seine Heimatstadt zurück und trat noch im selben Jahr erneut eine Stelle bei den Adlerwerken an. Zeitgleich begann – möglicherweise, um den erlebten Schrecken besser verarbeiten zu können – die immer intensivere Auseinandersetzung mit künstlerischer Tätigkeit.
Das einzige Geräusch ist der Schritt der Kolonne. […] Die Eintönigkeit wächst zur Melancholie. […] Gedanken, Vorstellungen, Bilder, die nicht mehr sind. Gefühle erwecken in mir Kindheit und Jugend. Ich bekomme Heimweh und verliere den Glauben.
Georg Heck, Tagebuchaufzeichnungen, April 1919