Gottfried Diehl

Kat. 077
Gottfried Diehl: Fische, 1955, Öl auf Leinwand, Privatbesitz
Es kam die übliche Gesellschaft der Bohème-Intelligentzia, üblich das heisst in der Weimarer Republik der 20er Jahre: Maler, Musiker […], Schriftsteller, Journalisten […]. Alle links von der Mitte, sehr an Rußland interessiert; hie und da ein geheimnisvolles Parteimitglied der KP, das gerade dort gewesen war. Die Gespräche waren etwas vage, wie das damals in solchen Kreisen oft der Fall war; Kunst selbstverständlich; das Leben, ein wenig seelenbewegt; Politik, nicht sehr klar gezielt, soweit ich mich erinnere.
Der Kunsthistoriker Richard Krautheimer im Jahr 1990 über
die Zusammenkünfte im Hause Katz in Eschersheim, an denen
auch Gottfried Diehl häufig teilnahm
*26. Mai 1896 in Frankfurt a. M.
†16. Mai 1956 in Offenbach a. M.
Als Georg Heck 1935 sein Atelier an der Städelschule aufgeben musste, gab ihm nach seinen Erzählungen sein Freund Gottfried Diehl den Tipp, im Karmeliterkloster nachzufragen. Diehl lebte und arbeitete selbst dort und wusste, dass gerade eines der begehrten Ateliers frei geworden war.
Diehl, der sich 1915 freiwillig für den Kriegsdienst gemeldet hatte und in Verdun schwer verletzt worden war, hatte anschließend eine autodidaktische Kunstausbildung begonnen, bevor er 1922 und 1924/25 bei Franz Karl Delavilla an der Frankfurter Städelschule studierte. 1920 gründete er zusammen mit Emil Betzler und Hanns Ludwig Katz die Künstlergruppe Ghat, die einen idealistischen gemeinschaftlichen Ansatz verfolgte, sich aber bereits 1922 wieder auflöste.
Ab 1926 lebte Diehl als freischaffender Künstler in Frankfurt-Eschersheim. Da seine Bilder in Zeiten der aufziehenden Weltwirtschaftskrise nicht genügend Geld einbrachten, arbeitete er zwischen 1929 und 1931 zudem als Bühnenbildner in Darmstadt und Herford. 1933 litt er wie Heck direkt unter den Maßnahmen des neuen Regimes gegen die Moderne: Einige seiner Arbeiten sollen der Frankfurter Bücherverbrennung im Mai 1933 zum Opfer gefallen sein. In der Folge wurden 1937 auch Werke von Diehl als „entartete Kunst“ aus Museumsbesitz entfernt.
1934 bezog Diehl sein Atelier im Karmeliterkloster, wo sich Heck bald zu ihm gesellte. Dort lernte Diehl auch die Pianistin Annelise Walther kennen, die er 1955 heiratete. Als die Klostergebäude im März 1944 den Bomben zum Opfer fielen und ein Großteil seiner Arbeiten zerstört wurde, suchte Diehl bei seinem Freund, dem Bildhauer Fritz Best, in Kronberg im Taunus Zuflucht.
Wie Heck engagierte sich Diehl nach 1945 für einen neuen künstlerischen Aufbruch und war unter anderem Gründungsmitglied der Neuen Darmstädter Sezession und der Frankfurter Sezession. 1946 übernahm er eine Professur an der Meisterschule für gestaltendes Handwerk in Offenbach am Main.