Lilly von Schnitzler

Lilly von Schnitzler, geb. von Mallinckrodt (1889–1981), 1933, Fotografie, Privatbesitz
[…] des schlechthin Suchenden, der dem Künstler nachspürt, ihn in seinem Atelier aufsucht, man muß gestehen oft heimsucht. Zu solchem Kaufen, Sammeln gehört vor allem die Bereitschaft zum Risiko. Der merkantile Gesichtspunkt, die Frage nach dem Marktwert, hat hier keinen Raum, wie ich überhaupt der Überzeugung bin, daß hier eine reinliche Trennung nötig ist. Man sollte der Kunst als Hingegebener sich nahen; fühlt man sich angezogen, bezwungen durch die Art und Aussage eines bestimmten Künstlers, einer Eigenart, dann muß es ein Annalogon zum Lieben und Verliebtsein, der bestimmte Anruf des einen und keines andern, sein. Dann muß aber auch, wie in jeder echten Liebe, die Bereitschaft zum Dienen, zum Opfern sein. Es gibt keine echte Beziehung, im Menschlichen wie im Künstlerischen, ohne Risiko.
Lilly von Schnitzler, 1958, über ihre Art zu sammeln
*25. Juni 1889 in Köln
†26. Juni 1981 in Murnau
Lilly von Schnitzler hatte Max Beckmann bereits Anfang der 1920er-Jahre in Frankfurt am Main kennengelernt und war eine begeisterte Mäzenin des Künstlers und seiner Schüler, von denen sie insbesondere Georg Heck, Theo Garve und Friedrich Wilhelm Meyer unterstützte.
Lilly Bertha Dorothea von Mallinckrodt stammte aus dem Kölner Großbürgertum und heiratete 1910 Georg von Schnitzler. Ihr Mann übernahm bald einen Posten bei der späteren Hoechst AG, und 1920 zog das Ehepaar mit den beiden kleinen Töchtern endgültig nach Frankfurt. In den folgenden Jahren führte Lilly von Schnitzler in ihrem Wohnhaus in der Westendstraße einen Salon, in dem führende Persönlichkeiten des Frankfurter Kulturlebens verkehrten, so zum Beispiel der Leiter des Städel Georg Swarzenski, der Ethnologe Leo Frobenius und der Redakteur der Frankfurter Zeitung Heinrich Simon. Das eine oder andere Mal scheint auch Georg Heck diesen illustren Kreis besucht zu haben.
Georg von Schnitzler stieg derweil in den Vorstand der IG Farben auf, zu der mehrere große Chemiekonzerne, darunter auch sein bisheriger Arbeitgeber, fusioniert waren. Er unterstützte bereits 1933 den Wahlkampf der NSDAP, trat 1934 in die SA ein und war seit 1937 Parteimitglied. Die Schnitzlers verkehrten nach 1933 in den höchsten Kreisen und scheinen das neue Regime befürwortet zu haben. Trotzdem führte Lilly von Schnitzler ihr Engagement für die Moderne auch nach der Verfemung dieser Kunst durch das NS-Regime unbeirrt fort und bemühte sich um viele nun in Ungnade gefallene Künstler.
Wahrscheinlich vermittelte sie noch vor 1933 den Wandbildauftrag im Casino des IG-Farben-Hauses an Georg Heck. Die 1.000 Reichsmark, die er 1934 dafür erhielt, waren sein einziger nennenswerter Verdienst in den zwölf Jahren des nationalsozialistischen Regimes. Es ist anzunehmen, dass das Geld aus dem „Fonds der IG zur Unterstützung notleidender Künstler“ stammte, den Lilly und Georg von Schnitzler gegründet hatten.
Auch nach dem Krieg blieb Lilly von Schnitzler in Kontakt mit Georg Heck – wie Briefe aus seinem Nachlass belegen. Sie lebte abwechselnd in Murnau und Frankfurt und engagierte sich weiterhin für das Kulturleben, unter anderem als Mitbegründerin der Max Beckmann Gesellschaft im Jahr 1951.