Kunststudium in einer Zeit des Wandels: die Fusion von Kunstgewerbe- und Städelschule

Anna Krüger: Städelschule im Winter, 1928/29, Öl auf Leinwand, Museum Kunst der verlorenen Generation, Sammlung Böhme, Salzburg
Genie und Talent! – Originalität lässt sich nicht lehren: man hat sie oder hat sie nicht. Aber man kann sie in ihrer Entfaltung fördern und zum mindesten schützen.
Fritz Wichert, Polarität als Grundsatz,
Artikel in Das Neue Frankfurt, Mai 1929
Die 1920er-Jahre waren eine Zeit des Wandels – für Georg Heck, aber auch für die Städelschule, die er ab 1923/24 besuchte. Bereits 1921 war die vormals von der Polytechnischen Gesellschaft unterhaltene und 1878 gegründete Kunstgewerbeschule mit Sitz in der Neuen Mainzer Straße in städtische Trägerschaft übergegangen. Im Folgejahr sah sich auch das Städelsche Kunstinstitut außerstande, weiterhin eine eigene Kunstschule zu betreiben, die in der Dürerstraße 10 ihren Sitz hatte.
1922 berief Ludwig Landmann, amtierender Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, den Kunsthistoriker Fritz Wichert von Mannheim an den Main, damit er gemeinsam mit Albert Windisch den Aufbau der neuen städtischen Kunstschule vorantreiben sollte. Geplant war die Zusammenlegung von Kunstgewerbe- und Städelschule. Dem neuen Gebilde gab man die Bezeichnung „Kunstschule Frankfurt am Main – Kunstgewerbeschule mit Abteilung für freie Kunst“ – ein so umständlicher Titel, dass er sich nicht durchsetzte, sondern meist weiterhin von Kunstgewerbe- beziehungsweise Städelschule gesprochen wurde.
Bereits 1919 hatte Georg Swarzenski, seit 1906 Leiter des Städelschen Kunstinstituts, seine Ideen zur Umgestaltung der Städelschen Kunstschule verfasst. Grundlage der Reformgedanken war, in Anlehnung an Initiativen wie das ebenfalls 1919 gegründete Weimarer Bauhaus, eine Verbindung zu schaffen zwischen „künstlerischen Talente[n]“ und „dem praktischen Leben“ – also zwischen Kunst und Alltag. Neben einer kompletten Neugestaltung des Unterrichtswesens sei, so Swarzenski, dafür „ein konsequentes Zusammenarbeiten aller am Kunstunterricht beteiligten Anstalten notwendig“.
Hier knüpften Wichert und Windisch an. Sie konnten bekannte Künstler wie Max Beckmann, Willi Baumeister und Richard Scheibe als Lehrer gewinnen und so den Ruf der Schule als eine der führenden Kunstschulen ihrer Zeit neben Dessau, dem neuen Sitz des Bauhauses, München und Berlin festigen. Besonderes Augenmerk legte auch Wichert bei seinen Reformplänen auf die Verknüpfung von freier und angewandter Kunst: Die Unterrichtsinhalte sollten direkten Bezug auf das alltägliche städtische Leben nehmen, was sich in einer engen Zusammenarbeit mit den Protagonisten des Neuen Frankfurt wie Ernst May niederschlug.
Als Georg Heck 1923 an die neue Frankfurter Kunstschule kam, studierte er zunächst bei Andreas Egersdörfer, dann bei Emil Gies und ab 1925 bei Johann Vincenz Cissarz. Spätestens bei Cissarz lernte er Weggefährt*innen wie Carla Brill, Theo Garve und Friedrich Wilhelm Meyer kennen.
Die Klasse von Cissarz gehörte einem Artikel Wicherts in Das Neue Frankfurt zufolge „zu dem Teil der Schule, der als Weiterführung der ehemaligen Städelschen Zeichenakademie zu betrachten ist“. Hier wird die enge Verschränkung der beiden Schulen in den 1920er-Jahren deutlich, war doch Cissarz ursprünglich Lehrer an der Kunstgewerbeschule gewesen. Vermutlich in der Zeit bei Cissarz begann Heck, sich intensiver mit graphischen Techniken, insbesondere mit der Radierung, zu beschäftigen. Einige dieser frühen Arbeiten haben sich in der Sammlung des Städel Museums erhalten.
1925 wurde dem Bereich „Freie Malerei“ eine Meisterklasse angegliedert, deren Leitung Max Beckmann übernahm. Mit Beckmann, in dessen Klasse Heck ab 1928 studierte, begegnete er seinem prägenden Lehrer.
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bedeutete eine Zäsur nicht nur für Lehrende wie Beckmann und Baumeister, die aus ihren Positionen entlassen wurden, sondern auch für ihre Schüler – und somit auch für Heck. Zu der Stigmatisierung als „entarteter“ Künstler kamen noch Mietschulden hinzu; Anfang Dezember 1934 beliefen sie sich auf über 785 RM (entspricht rund 3.200 Euro). Heck musste sein Atelier in der Städelschule 1935 räumen und bezog daraufhin Quartier im Karmeliterkloster. Aber auch das Projekt Frankfurter Kunstschule fand ein Ende im Nationalsozialismus, und die beiden Bereiche, Design und Kunst, gingen fortan wieder getrennte Wege.