Georg Heck 1945: eine „vernichtete Existenz“
Am 22. März 1944, ein Jahr vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, erfolgte ein Luftangriff auf Frankfurt, der die gesamte Altstadt vernichtete. Der Angriffskrieg, den das faschistische Deutschland begonnen hatte, führte das Land in die totale Zerstörung. Auch das Karmeliterkloster, wo Georg Heck lebte und arbeitete, brannte im Feuersturm in weiten Teilen ab. In einem Brief vom 17. April 1944, in dem er seine einstige Mäzenin Lilly von Schnitzler um Hilfe bat, quantifizierte Georg Heck seine Verluste: 150 Bilder und 470 Zeichnungen von ihm seien in der Nacht vom 22. auf den 23. März im Karmeliterkloster verbrannt.
In der Folge beantragte Heck mehrfach Sonderurlaub, um seine „vernichtete Existenz“ zu ordnen und sich neues Material für seine künstlerische Arbeit zu beschaffen – was in Kriegszeiten durchaus kein einfaches Unterfangen war. Im Mai 1944 intervenierte Lilly von Schnitzler persönlich, um eine Beurlaubung für Heck zu erwirken. In den Akten der Schutzpolizei heißt es, sie habe den Künstler bereits vor dem Krieg betreut und berichtet, dass dieser durch den Verlust seiner Arbeiten „infolge seiner starken sensiblen Einstellung völlig zusammengebrochen“ sei.
Gegenüber der Menge an Werken Hecks, die 1944 verbrannten, scheinen die Verluste, die sein Werk durch die Aktion „entartete Kunst“ 1937 erlitten hatte, gering: Wahrscheinlich wurden damals drei Ölbilder, zwei Zeichnungen und drei Holzschnitte von den NS-Machthabern beschlagnahmt und wohl später vernichtet. Hinzu kam die Übermalung seines Wandbildes im IG-Farben-Haus, die vermutlich auch erfolgte, weil Hecks Werk nicht den Vorstellungen der NS-Kunstpolitik entsprach.
Diese Kunstpolitik war aber letztlich auch dafür verantwortlich, dass sich der Hauptteil des Frühwerkes von Heck nicht etwa in Museen und Privatsammlungen befand, sondern in seinem Atelier: Seine Karriere, die vor 1933 so hoffnungsvoll begonnen hatte, war danach zum Erliegen gekommen. Er konnte bis zum Kriegsende nur noch eine Handvoll Ausstellungen beschicken und sehr wenige seiner Arbeiten verkaufen. Dieses Schicksal teilte Georg Heck mit vielen deutschen Künstler*innen seiner Generation, die deswegen in der Kunstgeschichte auch teilweise als „verschollene“ oder „verlorene Generation“ bezeichnet wird.
Ich will arbeiten, aber es stellt sich mir von anderer Seite alles entgegen, das nicht zu tun oder zu gewähren [?]. Meine gesamte Produktion von 150 Bilder[n] und 470 Handzeichnungen sind verbrannt. Ich besitze nichts mehr was den Beweis meines Könnens rechtfertigen würde und verliere mit dem ständigen Aussetzen von Arbeitsmöglichkeiten meine Kenntnisse, meine Erfahrungen, mein ganzes Leben, wenn nicht durch irgendeine Form mir geholfen wird. Ich muss arbeiten, gerade jetzt, um alles zu vergessen was geschehen ist. […]. In diesem gegenwärtigen Dasein kümmerlich nun weiter zu vegetieren dazu fühle ich mich nicht mehr stark genug. Ich weiß, daß dies der Ruin für mich bedeutet. Ich wünsche mir einen längeren Urlaub.
Georg Heck, 17. April 1944, in einem Brief an Lilly von Schnitzler